Aus dem Leben eines Piloten (Interview)

Zuletzt aktualisiert am 03.12.2019

Jeder, der schon einmal geflogen ist, weiß, wie magisch die Aussicht über den Wolken sein kann. Stell Dir vor, diese könntest Du jeden Tag genießen! Der Beruf des Piloten macht es möglich. Doch wie wird man eigentlich Pilot und ist der Job wirklich so aufregend, wie man es sich vorstellt? Das hat mir Pilot Patrick im Rahmen eines Interviews erzählt!

Der Traum vom Fliegen – Du hast ihn zu Deinem Beruf gemacht! Aber erklär‘ meinen Lesern doch am besten erst einmal, wie man überhaupt Pilot werden kann. Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die man erfüllen muss/sollte?

Zunächst einmal gibt es bestimmte körperliche Voraussetzungen. Man muss ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1 erhalten, bevor man mit der Ausbildung beginnen darf. Generell muss man aber einfach gesund und nicht wie viele Leute denken der absolute Supersportler sein. Es gibt bestimmte Grenzwerte, die man nicht überschreiten darf. Getestet wird fast alles: Augen, Ohren, Nase, Gehirnströme, Blut, Urin, Herz, Lunge und die körperliche Verfassung im allgemeinen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine Ausbildung zu absolvieren: entweder eigenfinanziert über eine private Flugschule oder direkt über eine Airline. Ich bin mir nicht sicher wie es bei privaten Flugschulen ist; bei Airlines muss man ein assessment center bestehen, um zugelassen zu werden und das hat es in sich. Hier werden in mehreren Stufen persönliche Fähigkeiten getestet: räumliches Denken, visuelle Wahrnehmung, Mathe, Technikwissen, Konzentrations- und Merkfähigkeit, logisches Denken etc.

Mindestens genauso wichtig und noch herausfordernder sind aber die persönlichen Eigenschaften. Hier wurde ich damals zwei Tage im deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum geprüft. Es ist schwer sich hierauf vorzubereiten, da man letztendlich psychologisch ins Profil passen muss. Das allerwichtigste ist es, dass man eine sehr hohe Teamfähigkeit besitzt und genau an diesem Punkt scheiden die meisten Bewerber aus. Dies wurde in Gruppenspielen und Streitgesprächen geprüft. Außerdem muss man eine gewisse Grundbegabung für das Fliegen mitbringen, was man in einem vereinfachten Simulator beweisen muss. Und ganz am Ende gab es ein Gespräch mit Psychologen und einem psychologisch ausgebildetem Kapitän. Hier wird die finale Entscheidung gefällt, ob man die Ausbildunng beginnen darf.

Und wie verläuft dann die eigentliche Pilotenausbildung?  

In Summe dauert die Ausbildung etwa zwei Jahre. Da es zwischen den einzelnen Ausbildungsphasen zu Wartezeiten kommen kann (je nachdem, wo man die Ausbildung absolviert), kann die absolute Ausbildungsdauer auch länger dauern.

Bei mir ging es mit einem Jahr Theorie los. Den Unterricht kann man sich wie in der Schule vorstellen. Die Klassengröße liegt meist zwischen 20 und 30 Leuten und man hat einen fixen Stundenplan. Nach einem halben Jahr gab es die erste Zwischenprüfung und am Ende des Jahres die zweite. Anschließend muss man zum Luftfahrtbundesamt nach Braunschweig um die offizielle Theorieprüfung zu absolvieren.

Anschließend ging es dann endlich mit der Praxisphase in den USA los. Dort haben wir auf einem kleinen einmotorigen Propellerflieger die fliegerischen Grundlagen gelernt. Also komplett manuelles Fliegen, ohne GPS, ohne digitalen Displays und selbstverständlich auch keinen Autopilot 😉 Die Phase war zwar sehr anstrengend, aber dennoch eine tolle Zeit und das absolute Highlight der Ausbildung.

Die zweite fliegerische Phase ging auch etwa vier Monate und war dann wieder in Deutschland. Hier waren wir die meiste Zeit im Simulator. Erst am Ende durften wir in den richtigen Flieger und noch ein paar Mal mit einem kleinen Jet durch Europa fliegen. Die eigentliche Ausbildung war danach abgeschlossen. Um dann Passagiere fliegen zu können, muss man noch ein sogenanntes Typerating (Flugzeugmusterschulng) absolvieren. Das ist logischerweise das Flugzeugmuster, das man dann auch fliegt, wenn man eingestellt wird, bei mir der Airbus A320. Anschließend habe ich dann einen Arbeitsvertrag erhalten. Die ersten Monate auf Linie fliegt man dann ,,under supervision“, also mit Ausbildungskapitänen und sobald die der Meinung sind, dass man in allen Bereichen fertig ausgebildet ist, wird man zum 1. Offizier befördert.

Ein langer Weg! Und wenn es dann soweit ist, kann man auch nicht einfach so ins Flugzeug steigen und „drauf los fliegen“, nicht wahr? Die Arbeit eines Piloten hat vielmehr schon lange angefangen, bevor das Flugzeug überhaupt vom Boden abhebt, oder? Wie kann man sich einen normalen Arbeitstag im Leben eines Piloten vorstellen?

Ein normaler Tag bei mir beginnt immer eine Stunde vor geplanter Abflugzeit im Briefingraum. Dort geht man zusammen mit dem Kapitän die Briefingunterlagen für den ganzen Tag durch. Man schaut sich das Wetter für die Flugrouten an, guckt ob es an den Flughäfen Einschränkungen gibt, checkt den technischen Status des Flugzeugs und entscheidet anschließend, wieviel man tanken will. Danach geht es zu den Flugbegleitern in einen der Nebenräume. Der Kapitän brieft dann die Besonderheiten des Tages und anschließend läuft oder fährt man zum Flieger.

Hier müssen dann die einzelnen Systeme hochgeladen und der anstehende Flugplan eingegeben werden. Auch ein bisschen Papierkram gibt es zu erledigen. Währenddessen checken die Flugbegleiter die Notausrüstung in der Kabine und bereiten ihren Arbeitsbereich vor. Irgendwann kommt dann ein Rampagent, der die Schnittstelle zwischen Flugzeug und dem Gate ist. In Absprache mit ihm wird der Boardingprozess gestartet. Irgendwann bekommen wir dann auf einem Zettel die Verteilung der Passagiere und des Gepäcks, um die Schwerpunktberechnung und die Geschwindigkeiten für den Start berechnen zu können. Danach kommt das Briefing von dem Piloten, der den nächsten als sogenannter pilot flying durchführen wird. Hier werden nochmal alle Zahlen, Fakten und Notfallverfahren durchgesprochen.

Sobald alle Passagiere an Bord sind und das Gepäck verladen wurde, holen wir die Anlassfreigabe bei den Fluglotsen und rollen zur Startbahn. Nach dem Flug gibt es dann noch ein paar kleine Nachbereitungen und wieder etwas Papierkram und dann geht alles schon wieder von vorne los. Ein paar Minuten Pause sind in der Regel aber möglich. Der nächste Flug geht dann fast immer wieder dahin, wo man hergekommen ist, also zurück zur sogenannten Homebase. Je nach Dienstplan hat man jetzt nochmal einen Hin- und Rückflug oder Feierabend. Ein Arbeitstag dauert so insgesamt zwischen 4 und 12 Stunden, in seltenen Ausnahmen auch mal länger.

Wenn man also Feierabend hat, übergibt man den Flieger entweder an die folgende Crew oder wenn er nicht direkt wieder rausgeht, schaltet man ihn komplett aus und geht wieder zurück zum Terminal, wo man sich dann von seiner Crew verabschiedet.


Der Ausblick aus dem Cockpit ist doch sicherlich etwas ganz besonderes, oder? Erzähl‘ uns doch mal, welche Strecken du aufgrund der schönen Aussicht am liebsten fliegst und was es dort zu sehen gibt!

Absolut! Einer der Vorteile an dem Beruf ist die Tatsache, dass man jeden Tag die Sonne sieht. Ideal ist es natürlich, wenn man unter sich keine Wolken hat und so während des Fluges eine schöne Aussicht nach unten hat. Bei schlechtem Wetter kann es aber auch mal vorkommen, dass man den kompletten Tag nur Wolken unter sich hat.

Am schönsten ist es über Berge oder Küsten zu fliegen. Die Alpen sind streckenmäßig gesehen meiner Meinung nach die schönste Aussicht die man in Europa haben kann. Je tiefer man fliegt, desto beeindruckender. Bei dem Flug nach Mailand ist das zum Beispiel der Fall, da man hier aufgrund der Lage des Flughafens auch schon über den Bergen mit dem Sinkflug beginnt. Auch wenn man an der Adriaküste entlang fliegt, hat man im Sommer bei schönem Wetter einen super Ausblick auf das türkisgrüne Wasser.

Bei den Flughäfen gibt es auch ein paar Highlights. In Nizza und Marseille in Südfrankreich fliegt man schon früh sehr tief und nahe bzw. über der Küste entlang, hier ist die Aussicht phänomenal. In Split in Kroatien ist der Anflug ähnlich. London ist auch sehr cool, da der Anflug meistens direkt über die Stadt geht und man die größeren Sehenswürdigkeiten sehr gut erkennen kann.

Zeit, um mal ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern: Was ist das Außergewöhnlichste, das du bisher auf einem deiner Flüge erlebt hast?

Da muss ich dich glaub ich enttäuschen, denn etwas wirklich Außergewöhnliches ist mir noch nicht passiert. Eigentlich ist das auch gar nicht schlecht, denn am besten ist es, wenn alles wie geplant läuft. Ich hatte mal einen Flug nach Berlin bei dem es für den kompletten Norden und Osten Deutschlands Unwetterwarnungen gab und dementsprechend überall Gewitterzellen rumstanden. Die Turbulenzen waren in der Folge sehr heftig und überall um uns herum waren Blitze zu sehen, uns hat aber ein Glück keiner getroffen. Der Flieger kann das zwar ohne Probleme abhaben und auch Turbulenzen sind fliegerisch gesehen kein Problem, aber schön ist das natürlich trotzdem nicht, vor allem für die Passagiere. Über dem Flughafen stand aber ein Glück keine Gewitterzelle mehr, sodass wir dann auch ganz normal landen konnten.

Vielen Dank für das tolle Interview, Patrick!


Der Beruf des Piloten/der Pilotin – Wäre das etwas für euch?

1 Comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.